Team-Player und Walliser Urgestein
Cave La Romaine Flanthey VS
Wegen seiner kräftigen Statur wird der 58-jährige Joël Briguet manchmal mit einem Rugby-Spieler verglichen, ein Journalist nannte ihn auch mal den «Lino Ventura der Walliser Weinbau-Szene». Dabei ist er ein überaus feingeistiger und trotz seiner zahlreichen Erfolg stets bescheiden auftretender Winzer, der sein Metier mit einem enormen Wissen betreibt, welches er sich in den letzten 35 Jahren aufgrund individueller Erfahrungen in seinen Rebbergen, aber auch im Keller, angeeignet hat. Die zwölf Hektar Reben des Gutes, die sich am rechten Rhone-Ufer zwischen Sierre und Sion entlangziehen und sich in vier verschiedenen Lagen befinden, geben ihm die Möglichkeit, 24 verschiedene Rebsorten in ihren bevorzugten Terroirs anzubauen. So reifen etwa in Castel d’Uvrier auf kalkhaltigem Boden weisse Walliser Spezialitäten und Pinot Noir. Nahe beim Keller finden dagegen in einer nach Süden ausgerichteten Terrassenlage (Les Vignes d’Adeline – Orgival) mit schieferreichen Böden eher spät reifende Sorten wie Merlot, Syrah, Humagne Rouge oder Cornalin ihr bevorzugtes Terroir. Die Quintessenz dieses vielfältigen Schaffens ist die im Jahr 2003 kreierte Linie «Les Empe-reurs» mit gegenwärtig acht meist reinsortigen Selektionen. Hier gelingt dem La-Romaine-Team das Kunststück, den Weinen eine den heutigen Trinkgewohnheiten entsprechende Kraft und Fülle zu verleihen, ohne dass die Gewächse dabei ihren eigenständigen Charakter verlieren. Es sind gewissermassen moderne, aber doch animierende Weine mit Ecken und Kanten. Als besondere Visitenkarte des Gutes gilt dabei der vielfach ausgezeichnete Humagne Rouge Les Empereurs. Dieser Wein beweist über die Jahrgänge hinweg, dass die Sorte Humagne Rouge durchaus ein ähnliches Potenzial zur roten Walliser Leitsorte hat wie der Syrah. Kein Wunder, ist doch das Weingut mit diesem Gewächs auch im Mémoire des Vins Suisses vertreten. Die eigentliche Visitenkarte des Weingutes findet sich in der «Réserve»-Linie, deren sechs Weine länger im Holz reifen und entsprechend später auf den Markt kommen. Für den Gewinn des Titels «Weingut des Jahres» beim diesjährigen GPVS leistete aber vor allem der Chardonnay Réserve 2022 einen wichtigen Beitrag. Der komplexe, aber doch geradlinige Cru gewann die entsprechende Kategorie. Und auch das zweite Gewächs, das einen Podestplatz verbuchen konnte, stammt von einer internationalen Sorte. Der Merlot Restaurateurs, der in seiner Kategorie den dritten Platz belegt, ist ein vielschichtiger, perfekt komponierter Wein von internationalem Format.
Kontinuität über Jahrzehnte hinweg und ein fast schon familiäres Teamwork sind das Fundament für den Erfolg der Cave La Romaine. Edith Germanier Briguet, Joëls Frau, kümmert sich seit 2009 um die Organisation des Weingutes, Tochter Adeline um Verwaltung, Buchhaltung und Marketing. Seit 30 Jahren betreut der aus Portugal stammende Antonio De Almeida Rodrigues zusammen mit Joël Briguet die Rebberge, die er inzwischen ebenso gut kennt wie sein Patron. Und dann ist da auch noch Vincent Tenud. Der 45-jährige Önologe war bei anderen führenden Walliser Kellereien tätig, bis er 2002 ins Team der Cave La Romaine eintrat. So arbeiten also die Keyplayer dieses Gutes seit über 20 Jahren zusammen. Es ist ein Team, dem niemand etwas vormachen kann. Und doch stecken sie sich immer wieder neue Ziele. So geht im Weinberg die Tendenz in Richtung biologischen und biodynamischen Anbau. Und auch in der Weinbereitung nehmen sie aktuelle Entwicklungen immer wieder auf. So gehört zur prestigeträchtigen Réserve-Linie mit dem Agrippina inzwischen auch ein auf der Maische vergorener Orange-Wein aus der Sorte Marsanne.
Vollblut-Winzer
Was den Weinbau anbelangt, war der 1967 geborene Joël Briguet im besten Sinne erblich vorbelastet, denn sein Vater betrieb eine Rebschule und besass einige Rebparzellen. Nach dem Studium in Changins gründete Briguet bereits 1989 im Alter von 21 Jahren die Cave La Romaine in Flanthey, an der rechten Talflanke der Rhône auf halbem Weg zwischen Sierre und Sion gelegen. Was mit einer Produktion von 15 000 Flaschen begann, wuchs kontinuierlich zu einem Projekt, das heute jährlich 120 000 Flaschen abfüllt. Dass sich mit der Menge auch die Qualität stetig weiterentwickelt hat, liegt auch am eingespielten Team, zu dem nebst Edith Germanier Briguet, der Frau von Joël, auch seine Tochter Adeline und vor allem seine inzwischen seit Jahrzehnten mit ihm arbeitenden Weggefährten Antonio De Almeida Rodrigues (Rebbau) und Vincent Tenud (Vinifikation) gehören. Nebst der Cave La Romaine geben Joël Briguet und Vincent Tenud auch beim 2011 lancierten Prestige-Projekt Clos de Tsampéhro den Ton an. Um den 2,5 Hektar grossen, geschlossenen Clos wieder in seiner ursprünglich-en Form zum Leben zu erwecken, mussten Mini-Parzellen von über 30 Eignern aufgekauft werden. Heute bringt der Clos hervorragende Assemblagen, einen Prestige-Schaumwein und einen reinsortigen Completer in die Flaschen.