«Mit dem Blick nach vorn!»
CAVE DU RHODAN,
SALGESCH VS
Wer das Winzerpaar Sandra und Olivier Mounir trifft, der weiss eines mit Gewissheit: Sie haben Neues zu berichten. Denn «Business as usual» gibt es in diesem Weingut nicht. Einige besonders innovative Ideen konnten sie kürzlich bei der Neubepflanzung einer Parzelle in der Talebene bei Salgesch mit der widerstandsfähigen Schweizer Neuzüchtung Divico realisieren. Erstens werden die Reben hier bewusst hoch erzogen, damit die Mounirs ihre bretonischen Zwergschafe bis zum Farbwechsel der Trauben im Rebberg weiden lassen können. Zudem ist der Rebberg versuchsweise mit einem Solarfaltdach ausgerüstet, das im Frühjahr auch als Frostschutz dienen kann, weil es im ausgefahrenen Modus einen Gewächshaus-Effekt erzielt. Und es könnte künftig auch bei extremen Wärmeperioden die Reben vor Hitzestress schützen. Vor allem aber ist die Rebparzelle die Erste der Schweiz mit einer dreifachen Nutzung, nämlich Weinbau, Weidefläche und Stromproduktion. Ja, Nachhaltigkeit wird in diesem Weingut schon seit langem gross geschrieben. Schon vor 15 Jahren begannen sie mit der Umstellung ihrer eigenen, zwölf Hektar umfassenden, Rebberge auf kontrolliert biologischen Anbau. Doch das ist nur ein Aspekt im ganzheitlich nachhaltig geführten Weingut. So verfügt der Cave du Rhodan heute dank Photovoltaik-Anlagen und Wärmerückgewinnung über eine eigenständige Energieversorgung. Besonders wichtig ist den beiden Patrons auch ein fairer und gleichberechtigter Umgang mit Partnern und Mitarbeitern. Es werden bereits neue Ziele anvisiert. Dazu gehören etwa die Umsetzung einer Permakultur in spezifischen Parzellen und die Reduktion des Kupfereinsatzes beim Pflanzenschutz. Alle diese Massnahmen münden in der Vision eines «enkeltauglichen» Weinbaus. Den prestigeträchtigen Titel «Weingut des Jahres» haben sich Sandra und Olivier Mounir mit fünf eingereichten Weinen gesichert. Zwei dieser Weine wurden mit Gold ausgezeichnet, zwei mit Silber. Als Schlüssel zum Erfolg avancierte besonders ihr Syrah 2021, der die Finalrunde bei den sortenreinen Rotweinen erreichte und schlussendlich als Sieger dieser Kategorie hervorging. Und nicht nur das: Das Gewächs wurde auch als der Lieblingsrotwein der Jury mit dem «Prix Vinissimo Rot» ausgezeichnet und ist damit der erfolgreichste Rotwein des diesjährigen Concours. Dass die Mounirs mit der Spezialität Syrah erfolgreich waren, kommt nicht von ungefähr. Zwar gilt Salgesch immer noch als Hochburg des Pinot Noirs und der Cave du Rhodan gehörte auch 1989 zu den Gründungskellereien des Grand Cru de Salquenen. Doch ein Vierteljahrhundert später, im Jahr 2015, produzierten die Mounirs diesen Wein zum letzten Mal. «Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass dieser Wein mit seinem einst innovativen Konzept seinen Zenit überschritten hat.».
Heute ergeben die Trauben, die früher in den Grand Cru gingen, den im Holz gereiften Top-Pinot des Hauses, den Diversitas Hommage Pinot Noir, mit dem das Weingut auch im Mémoire des Vins Suisses (MDVS) vertreten ist. Trotzdem setzt das Weingut den Fokus vermehrt auf andere Sorten. So haben die Mounirs in den letzten Jahren mit dem Bio Diversitas Riesling nach deutschem Vorbild und dem Bio Pinotage, einer in Südafrika verbreiteten Sorte, neue Akzente gesetzt. Von wachsender Bedeutung sind auch rote Spezialitäten wie Syrah, Cornalin oder Humagne Rouge. «Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir uns im sehr wichtigen deutschschweizerischen Markt mit diesen Spezialitäten besser in Szene setzen können als mit dem Pinot Noir, der ja auch in Zürich oder im Aargau die meistangebaute Sorte ist», sagt Olivier Mounir. In diese Strategie passt der Erfolg seines Syrahs bestens.
Späteinsteiger
Der Cave du Rhodan wurde im Jahr 1962 auf Initiative der 1889 geborenen Edith Mounir gegründet. Schon zehn Jahr später gelang dem damals noch jungen Weingut ein besonderer Coup. An einem in Budapest durchgeführten Welt-Weinwettbewerb setzte sich ihr Pinot Noir Perle du Rhodan gegen 1300 Konkurrenten aus 34 Ländern durch und wurde zum besten Rotwein der Welt gekürt. Nachdem der Betrieb nach der Jahrtausendwende zeitweise von externen Geschäftsführern geleitet wurde, übernahmen 2007 schliesslich Sandra und Olivier Mounir das Familienweingut. Beide arbeiteten zuvor als Betriebswirte erfolgreich in anderen Branchen, Olivier Mounir beispielsweise war Mitbesitzer einer Informatikfirma, die heute über 30 Mitarbeiter beschäftigt. Vielleicht waren es diese reichhaltigen Erfahrungen, die den damals fast 40-Jährigen, der sich in der Freizeit erfolgreich als Triathlet und Klarinettist betätigte, schnell zum erfolgreichen Winzer werden liessen. Heute bewirtschaftet der Cave du Rhodan in eigener Regie rund zwölf Hektar kontrolliert biologisch und kauft Trauben von Partnern dazu. Die Jahresproduktion liegt bei 150 000 bis 200 000 Flaschen.